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 November 2009 - Nr. 11
Claudia Raupach

 Meeting People

Words on the Street, Nuit Blanche, Indie Week: Ein Musik-, Literatur- oder Kunstfestival jagt das andere und erweitert das kulturelle Angebot über Museen, Galerien, Theater und Konzerte hinaus.* Einwanderer aus allen Teilen der Erde sorgen für ethnische Vielfalt und verleihen der Stadt ein besonderes Flair. Sportbegeisterte kommen bei Spielen der Maple Leafs (Eishockey), Raptors (Basketball) und Co. auf ihre Kosten.

Toronto steckt voller Abwechslung. Es besteht wohl keine Gefahr, dass Langeweile oder Heimweh aufkommt. Zudem wird Kanadiern im Allgemeinen nachgesagt, dass sie sehr nett sind. Doch was musste ich bei meiner Internetrecherche lesen: Ausgerechnet für Toronto soll das nicht gelten.** Ich vermute, es gibt ein weltweit verbreitetes Vorurteil gegenüber dem Großstädter an sich. Definitiv habe ich nicht nur unfreundliche Torontoer getroffen, genau genommen, keinen einzigen. Gut, ein Jugendlicher hat sich im Nachtbus vor meinen Füßen übergeben. Ich glaube aber nicht, dass er mir damit etwas mitteilen wollte. Er hat einfach zu feucht-fröhlich gefeiert.

Bisher sind mir viele sehr hilfsbereite Menschen begegnet. Mein Englischlehrer zum Beispiel hat kurzerhand einen Freund angerufen, um herauszufinden, an welchem Wochenende ich im Algonquin Park die schönsten Herbstfarben sehen kann. Wann immer ich nicht wusste, wie ich nach Little Italy, zum Grenadier Pond im High Park oder zu irgendeiner Bus-Station gelange, haben sich Passanten bemüht, mir den Weg zu zeigen. Kitesurfer am Woobine Beach   [Foto: Claudia Raupach]Einer meiner Helfer lief mir sogar ein paar Meter hinterher, weil ihm im Nachhinein eine Abkürzung eingefallen war. Fast nie bekam ich als Antwort „I don`t know" – selbst dann nicht, wenn jemand tatsächlich wenig Ahnung hatte. Allerdings wäre mir im Nachhinein ein einfaches „ich weiß es nicht" doch lieber gewesen, als eine falsche Vermutung. Aber wer Angaben vertraut wie: „Vielleicht in diese Richtung. Es könnte sein, dass ich an einer Scotiabank vorbeigelaufen bin", ist eigentlich selber schuld. Einmal genügte sogar ein suchender Blick, um Hilfe zu bekommen. Toronto im frühen Abendlicht   [Foto: Claudia Raupach]Ich hielt nach einem öffentlichen Verkehrsmittel Ausschau, als ich vom Woodbine Beach der untergehenden Sonne und Toronto-City entgegen spazierte. Der aufmerksame Passant stammte allerdings aus Calgary. Das stellte sich heraus, als wir uns über Toronto, Vancouver, die kommenden und letzten Olympischen Spiele in Kanada (1988 in Calgary) unterhielten. Mit Torontoern soll es manchmal schwierig sein, ins Gespräch zu kommen (siehe http://www.torontocityguide.com/). Ich hoffe, ich kann das Klischee noch widerlegen. Deshalb nehme ich mir jetzt vor: mehr Einheimische kennenlernen!

Neben der Hilfsbereitschaft ist mir aufgefallen, dass viele „Thank you" sagen, wenn sie aus dem Bus aussteigen. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, mich bei einem Münchner Busfahrer zu bedanken, weil er mich zum Chinesischen Turm gebracht hat – oder weil er mich so gut unterhalten hat. Freitagnacht kommentierte ein Fahrer die Strecke zur Diskothek Guvernment wie ein Schausteller, der sein Fahrgeschäft anpreist. „Ramba Zamba, jetzt geht’s ab." Das erinnerte mich an das Oktoberfest in München. Dort werden Volksfest-Besucher mit ähnlichen Sprüchen empfangen, wenn sie an der Theresienwiese aus der U-Bahn aussteigen. In Toronto braucht es scheinbar keinen speziellen Anlass. Eine Mitschülerin aus dem Englischkurs erzählte mir, einmal hätte ein Busfahrer spontan den Part eines Stadtführers eingenommen: „Ladies and Gentleman, have a look to the right, in the background you can see the famous CN Tower. With its 553 meters it was once the highest building of the world. And now we are passing the Art Gallery of Ontario…"

Blick vom CN Tower auf Wolkenkratzer und Grünflächen   [Foto: Claudia Raupach]Ich persönlich schätze den CN Tower vor allem als guten Orientierungspunkt. Ich habe Toronto schließlich bereits bei meiner Anreise aus der Vogelperspektive gesehen. Das schöne Wetter und die klare Sicht sorgten für den perfekten ersten Eindruck. Als sorgfältige Touristin besichtigte ich den CN Tower trotzdem und habe mir das Glasflur im CN Tower ermöglicht ungewohnte Persektiven   [Foto: Claudia Raupach]Profil der Stadt am See noch einmal genauer angeschaut: wenige Hochhäuser außerhalb des Financial Districts, viele Grünflächen rund um die Innenstadt. Kein Wunder, dass sich die Stadt über eine riesige Fläche ausdehnt. Irgendwo müssen die rund 2,5 Millionen Einwohner (bzw. 5,5 Millionen in der Greater Toronto Area)*** ja wohnen. Als nächstes habe ich mir den Besuch in der Kunstgalerie vorgenommen – zusammen mit Mitschülern. Ich hoffe aber, dass mich bald auch einmal Torontoer begleiten, wenn ich ihre Stadt erkunde.

* z. B. www.toronto.ca/events/index.htm bzw. http://www.thewordonthestreet.ca/wots/toronto, http://scotiabanknuitblanche.ca - http://www.indieweek.com

**z. B. http://toronto.cityguide.ca/is-toronto-unfriendly-017168.php oder http://mrtoronto.blogspot.com/2006_05_01_archive.html

*** http://www.toronto.ca/toronto_facts/diversity.htm

 

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